Sonntag, 13. Mai 2012

Tag 1, ein Entschluss wird gefasst

Heute ist Muttertag, der perfekte Tag um einen Versuch zu starten, der meine Ideale und meine Körperwahrnehmung auf die Probe stellen wird: Ich werde aufhören mich zu rasieren! Somit ist es ausgesprochen. Ade Rasierer, adieu Epilierer (dich konnte ich noch nie leiden), leb wohl Enthaarungscreme und baba ihr vor euch hingammelnden Kaltwachsstreifen in der Badezimmerschublade, ihr habt bei mir eh nie funktioniert. Keine Stoppel mehr, keine juckenden roten Pünktchen und nie wieder eingewachsene Haare. Abschied vom Kahlschlag für vielleicht immer, aber zumindest für ein Jahr in dem ich über meine Erlebnisse berichterstatten werde.

Die Idee, sich nicht mehr zu rasieren ist an sich keine besonders neue, auch nicht für mich. Schon seit einigen Jahren stelle ich mir bei jeder Rasur, bei jedem misslungenem Versuch mich mittels Wachsstreifen in eine haarlose, mich am Strand räkelnde Bikinigöttin zu verwandeln, die Frage: Wozu das ganze? Und für wen? Für mich selbst bestimmt nicht, denn außer kratzenden Stoppeln am nächsten Tag, fiesen Ausschlägen von noch so sensitiven Enthaarungscremen und manchmal sogar unschönen Schnittwunden hat mir das rasieren noch nie viel gebracht. Klar, so hübsche glatte Beine wie aus der Fernsehwerbung mögen ganz nett anzusehen sein, aber nicht wenn sie nach einer Stunde grausam jucken und schlimmsten falls vor lauter Trockenheit auch noch schuppen. Alles in allem keine gesunden Hautreaktionen. Logische Konsequenz also: Lass es wachsen!

Abgesehen von meinem persönlichen Wohlbefinden beim Entfernen meiner Haare, kommt noch ein weiterer Faktor hinzu der zu meinem Entschluss beigetragen hat es in Zukunft flauschig zu sein, nämlich meine politische Überzeugung. Als Feministin stören mich seit Jahren die Gründe warum ich überhaupt begonnen habe mich meiner natürlichen Behaarung zu entledigen. Obwohl ich mich ansonsten soweit wie möglich von allen einengenden Geschlechterstereotypen fernhalte, sehr viel Zeit in den Kampf gegen Kapitalismus, Faschismus und Sexismus stecke und klassische Rollenbilder nicht nur total langweilig finde, sondern auch gefährlich für die Entwicklung jedes Menschen, greife ich doch immer wieder zu Rasierer und entledige mich von etwas, das mich als erwachsene Frau kennzeichnet, meiner Körperbehaarung.
Ein jeder Bub ist stolz auf seinen ersten Bartwuchs, als Zeichen seines Erwachsenwerdens. Als damals 11-jährige hab ich mich beim Entdecken meiner ersten Achselhaare bloß gefragt wie ich die wohl am schnellsten wieder los werde.

Somit ist der Entschluss gefasst und, was mich unter Zugzwang bringt, veröffentlicht! Den Reaktionen aus meinem Umfeld sehe ich gespannt entgegen, besonders der von meinem Freund, wenn er vom Muttertagstratsch nachhause kommt. Der weiß nämlich noch gar nichts von seinem Glück, demnächst eine Freundin mit Haaren unter den Armen zuhause zu haben.



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